….oder so klappt es mit dem Weihnachtsfrieden.
Es gibt wohl kaum eine Zeit im Jahr, in der wir uns Frieden und Harmonie in der Familie mehr wünschen als zu Weihnachten. Und doch lassen Missverständnisse, unterschiedliche Erwartungshaltungen, Enttäuschungen und verschiedene Bedürfnisse immer wieder die Wogen hochgehen.
Wie es gelingen kann, die eigenen Bedürfnisse und Grenzen aufzuzeigen und dabei dennoch das Band in der Familie zu stärken, erfährst du hier in meiner neuen vierteiligen Serie – der Artikel wird laufend ergänzt.
Schritt Nr. 1: BEOBACHTEN, OHNE ZU BEWERTEN
Wird auch verstanden, als die höchste Form der menschlichen Intelligenz. Was es damit auf sich hat, erfährst du hier:
Im ersten wichtigen Schritt zu einer wertschätzenden, offenen und klaren Kommunikation, die erwiesenermaßen zu Frieden und Harmonie (Anm. Weihnachtsfrieden) führt, geht es um die Königsdisziplin – dem Beobachten, ohne zu Bewerten – also einem anderen Menschen mitzuteilen, was wir wahrnehmen, ohne das jeweilige Verhalten zu bewerten. Wir halten uns dabei an Tatsachen. Quasi so, als ob eine Kamera genau die eine Situation aufnehmen würde. Ohne Info dazu, was war zuvor. Oder anders: beobachten ohne zu bewerten heißt, das auszusprechen, was auch ein unabhängiger, unbeteiligter Dritter sehen würde. Denn wenn Beobachtung mit Bewertung vermischt, sind wir geneigt, Kritik zu hören. Darauf reagieren wir bekanntermaßen mit abwehrenden Argumenten, also ebenfalls Kritik. Ein Teufelskreis also. Wir finden uns in gegenseitigen Vorwürfen, Enttäuschung und Konflikten wieder.
Beobachten ohne zu bewerten ist alles andere als einfach. Kann jedoch geübt werden. Probiert es mit ganz banalen Beispielen, wie diesen hier:
Bewertung (Deine Interpretation):
„Du siehst müde aus“.
„Alles weißt du besser.“
„Immer redest du von der Arbeit.“
„Du bist so unorganisiert.“
In der beobachtenden Haltung, könnte es folgendermaßen lauten:
„Ich sehe du gähnst“.
„Du hast mich schon dreimal unterbrochen. So verliere ich den Faden.“
„Ich sehe, dass du deine Akten sortierst, die Saldenliste fehlt noch.“
Den meisten Menschen fällt diese Übungen sehr schwer. Dennoch ist es für alle eine interessante Erfahrung, die Welt um sich herum mal so zu beschreiben wie man sie sieht – ohne jegliche Bewertung, ohne Interpretation und moralischem Urteil.
Mit beobachten ohne zu bewerten ist also gemeint, dass man eine bestimmte Situation sieht, als würde sie gefilmt werden. Die Kamera ist objektiv. Wenn die Tochter zur Mutter – im Arbeitsturbel und genervt, weil der nächste Termin schon wartet – sagt: „Du bist so unorganisiert!“, dann würde die Kamera die Akten sortierende Mutter zeigen. Die Situation wäre ganz klar. Die Mutter macht in diesem Augenblick nicht das, was vereinbart war oder was die Tochter, die im Familienbetrieb die Geschäftsführung übernommen hat, von ihr erwartet.
Ist sie deshalb unorganisiert?
- Es ist die Meinung der Tochter. Es ist ihre Interpretation. Eine Unterstellung. Ihr Urteil.
Wie würdest du darauf reagieren?
- Vermutlich mit Abwehr (Gegenargument, Kritik, Rechtfertigung,…), stimmts?
Warum erzähl ich euch das Ganze?
Die Wissenschaft geht davon aus, dass unsere Interpretationen in hohem Maße dazu beitragen, dass unsere Kommunikation mit anderen Menschen misslingt. Und das führt bekanntermaßen wiederum zu Konflikten.
Schritt Nr. 2: EIGENE GEFÜHLE WAHRNEHMEN
Gefühle sind – wie körperliche Schmerzen – ein angeborenes Signalsystem für unser Überleben.
Unsere Gefühle spielen eine entscheidende Rolle in der Kommunikation. Denn unsere Gefühle sind die Kinder unserer (erfüllten oder unerfüllten) Bedürfnisse. Die andere Person, die die uns gerade so aufregt oder die warum wir gerade gut drauf sind, ist meist nur der Auslöser.
Kurz: Ich selbst entscheide, wie ich auf das Verhalten einer anderen Person reagiere. Ich selbst trage die Verantwortung dafür. Das ist anfangs ziemlich anstrengend, denn ist es nicht viel gemütlicher in der Komfortzone zu bleiben und jemand anderen die Schuld (für MEINE Gefühle!) zuzuschieben?
Achtung – das reine Gefühl ist nicht der Übeltäter (und verschwindet auch innerhalb weniger Minuten wieder) – die Freude oder der Schmerz (die Bandbreite der Gefühle ist natürlich viel größer) entstehen durch die zusätzlichen Gedanken, die man sich dazu macht, die dann wiederum ein Gefühl auslösen, wie zum Beispiel sich nicht ernst genommen oder abgelehnt fühlen (das ist die eigene Interpretation/Bewertung). Du hast also immer die Wahl wie du reagieren möchtest.
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Ganz schön spannend, oder?
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In den nächsten Tagen folgt der 3. Schritt. Stöbere in der Zwischenzeit gerne in meinen andern Beiträgen.